Offensive Aserbaidschans gegen Arzach (September 2023)
|
Teil von: Bergkarabachkonflikt
|
Karte der Offensive
hell: Aserbaidschan
gelb: Armenien
cyan: Arzach
lila: im Konflikt von der aserbaidschanischen Armee erobert
rot: im Grenzkonflikt 2020–23 durch Aserbaidschan besetzt
schwarze Linie/Punkte: Grenze Rest–Arzachs ab 2020/ frühere Grenze des Autonomen Bergkarabach
rote Linie: Waffenstillstandslinie 1994–2020
|
Datum
|
19.–20. September 2023
|
Ort
|
Bergkarabach
|
Ausgang
|
Sieg Aserbaidschans
|
Folgen
|
Arzach kapituliert vor Aserbaidschan, löst sich zum Jahresende auf Flucht nahezu der gesamten Bevölkerung nach Armenien
|
|
Am 19. und 20. September 2023 startete Aserbaidschan eine groß angelegte Militäroffensive gegen die selbst erklärte, abtrünnige Republik Arzach. Der Angriff wurde als weiterer, bisher größter Verstoß gegen das Waffenstillstandsabkommen im Bergkarabachkrieg 2020 angesehen.[13][14] Die Offensive fand in der umstrittenen Region Bergkarabach statt, die international als Teil Aserbaidschans anerkannt ist, aber von Armeniern bewohnt wird.[15][16] Die Angriffe ereigneten sich inmitten einer eskalierenden Krise, die durch die Blockade der Republik Arzach 2022–23 durch Aserbaidschan verursacht wurde, was zu erheblichen Engpässen bei lebenswichtigen Gütern wie Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen Gütern in der betroffenen Region geführt hat.[17]
Einen Tag nach Beginn der Offensive, am 20. September, wurde auf Vermittlung des russischen Friedenssicherungskommandos in Bergkarabach eine Einigung über die vollständige Einstellung der Feindseligkeiten erzielt.[18] Aserbaidschan hielt am 21. September in Yevlax ein erstes Treffen mit Vertretern der Bergkarabach-Armenier ab und weitere Treffen folgten.[19][20] Dennoch wurden am 21. September sowohl von Arzach, als auch von Anwohnern in Stepanakert erste Verstöße gegen den Waffenstillstand durch Aserbaidschan gemeldet.[21][22]
Menschenrechtsorganisationen und Experten für Völkermordprävention haben mehrfach Warnungen herausgegeben, in denen sie darauf hinweisen, dass die indigene armenische Bevölkerung dem Risiko ethnischer Säuberungen und von Völkermord ausgesetzt oder bereits Opfer davon ist. Auch das EU-Parlament sprach von einer „ethnischen Säuberung“ der armenischen Bevölkerung durch Aserbaidschan.[23] Luis Moreno Ocampo, der früheste Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, hat gewarnt, dass ein weiterer Völkermord an den Armeniern drohe, und führte auf die Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft zurück, dass sich Aserbaidschan darin bestärkt fühle, weil es keine ernsthaften Konsequenzen haben werde.[24]
- ↑ Zur politischen und militärischen Unterstützung dieser Offensive durch die Türkei, vgl. z. B. Al Jazeera English: Turkey supports ‘steps taken by Azerbaijan’ in Nagorno-Karabakh: Erdogan. Abgerufen am 11. Dezember 2023.
- ↑ Zur politischen Unterstützung genau dieser Offensive, vgl. z. B. Anadolu Ajansı: Pakistan backs Azerbaijan as Baku asks Armenian troops to disarm in Karabakh. Abgerufen am 13. November 2023.
- ↑ Zur militärischen Unterstützung vor der Offensive und im Karabachkonflikt allgemein, vgl. z. B. Indien und Pakistan liefern sich im Kaukasus ein Wettrüsten. Abgerufen am 11. Dezember 2023. , nach der Offensive fortgesetzt vgl. z. B. Arab News: Pakistan’s army chief visits Azerbaijan to bolster bilateral defense, military ties. Abgerufen am 6. Dezember 2023 (englisch). (1. November 2023)
- ↑ Caucasus Watch: Armenien gibt die Zahl der Todesopfer der aserbaidschanischen Operation vom September bekannt. (8. Januar 2024, abgerufen am 10. Januar 2024)
- ↑ Azeri Press Agency (APA): 192 Azerbaijani servicemen martyred during local anti-terrorist measures, identity of 11 servicemen have not been identified (englisch, 27. September 2023) (abgerufen am 1. Oktober 2023)
- ↑ Caucasus Watch: Armenien gibt die Zahl der Todesopfer der aserbaidschanischen Operation vom September bekannt. (8. Januar 2024, abgerufen am 10. Januar 2024)
- ↑ Trend News Agency: Ermənistan silahlı qüvvələrinin Şuşaya atəşi nəticəsində mülki şəxs həlak olub (aserbaidschanisch, 19. September 2023) (abgerufen am 1. Oktober 2023)
- ↑ Trend News Agency: Shelling-injured digger driver in Azerbaijan's Aghdam by separatists, details incident (englisch, 20. September 2023) (abgerufen am 23. September 2023)
- ↑ Trend News Agency: Baş Prokurorluq Rusiya sülhməramlılarının həlak olduğu insidentlə bağlı istintaq aparır (aserbaidschanisch; 21. September 2023) (eingesehen am 1. Oktober 2023)
- ↑ Caucasus Watch: Armenien gibt die Zahl der Todesopfer der aserbaidschanischen Operation vom September bekannt. (8. Januar 2024, abgerufen am 10. Januar 2024)
- ↑ News.am: PACE adopts ‘Humanitarian situation in Nagorno-Karabakh’ resolution. (PACE ist die Parlamentarische Versammlung des Europarates, der an diesem Tag zu einer Resolution kam) (13. Oktober 2023, eingesehen am 13. Oktober 2023)
- ↑ vgl. ERCC-Karte weiter unten im Artikel
- ↑ Armenia, Azerbaijan: Baku Launches Military Operation In Nagorno-Karabakh. In: Stratfor. 19. September 2023, archiviert vom Original am 19. September 2023; abgerufen am 22. September 2023: „… the Russian peacekeeping contingent is incapable of preventing Azerbaijan's seizure of the region, despite this being a clear violation of the November 2020 ceasefire brokered by Russia that ended the last war.“ Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
- ↑ Joint statement on Azerbaijan's attack on Nagorno-Karabakh | Communiqués | Documents | DSCA | Delegations | European Parliament. www.europarl.europa.eu, abgerufen am 21. September 2023 (englisch): „We condemn in the strongest terms today's pre-planned and unjustified attack of Azerbaijan against Nagorno-Karabakh … We recall that the attack takes place in the context of a major humanitarian crisis in Nagorno-Karabakh, following Azerbaijan's blockade of the Lachin Corridor for the past nine months, in violation of Baku's commitments under the ceasefire statement of 9 November 2020 and of the legally binding orders of the International Court of Justice. Humanitarian access to Nagorno-Karabakh needs to be fully and permanently restored.“
- ↑ Azerbaijani forces strike Armenian-controlled Karabakh, raising risk of new Caucasus war, Reuters, 19. September 2023 Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
- ↑ Mary Ilyushina: Fighting flares between Azerbaijan and Armenia in Nagorno-Karabakh In: The Washington Post, 19. September 2023 „Azerbaijan and Armenia have repeatedly clashed over Nagorno-Karabakh, which is internationally recognized as part of Azerbaijan but largely populated by ethnic Armenians and largely governed by the unrecognized Republic of Artsakh.“ Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
- ↑ Andrew Roth: Azerbaijan launches 'anti-terrorist' campaign in disputed Nagorno-Karabakh region. In: The Guardian. 19. September 2023, abgerufen am 19. September 2023. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
- ↑ Russian-mediated ceasefire announced in Nagorno-Karabakh. In: Armenpress. Abgerufen im 1. Januar 1 Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
- ↑ Ethnic Armenians accept Russia ceasefire plan after Azerbaijan offensive in Nagorno-Karabakh, CNN, 20. September 2023 (englisch).
- ↑ BREAKING: Stepanakert to disband army in ceasefire deal, CIVILNET, 20. September 2023 Vorlage:Cite news: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
- ↑ МВД Нагорного Карабаха обвинило Азербайджан в нарушении договора о прекращении огня. In: Meduza. Abgerufen am 21. September 2023. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
- ↑ Aserbaidschan soll Waffenruhe gebrochen haben. In: Rheinische Post. 21. September 2023, abgerufen am 21. September 2023.
- ↑ zeit.de, abgerufen am 9. Oktober 2023.
- ↑ Luis Moreno Ocampo: Opinion: Call what is happening in Nagorno-Karabakh by its proper name. aus The Washington Post-online, 22. September 2023 (abgerufen am 1. Oktober 2023, englisch)